The Laundromat – Dezember Ausgabe 2025

Der Kryptomarkt: Spielwiese der KriminellenDer Kryptomarkt: Spielwiese der Kriminellen

Für diese Ausgabe haben wir den Fokus auf die Krypto-(Betrugs-)Welt gesetzt und berichten unter anderem von zwei „Crypto-Queens“. Sie zeigen einmal mehr, wie kritisch, aber auch komplex es nach wie vor ist, in und für diesen Markt regulatorische und rechtliche Vorgaben seitens der verschiedenen Aufsichtsbehörden umzusetzen und Betrug zu ahnden.
Thema des Monats: Der Kryptomarkt: Spielwiese der Kriminellen
Dass Kriminelle Kryptowährungen für Betrug und Geldwäsche nutzen, ist bekannt. Genauso dürfte bekannt sein, dass die Aufsichts- und Strafverfolgungssysteme angesichts der Dynamik, der Technik sowie den globalen Strukturen oft noch nicht ausreichend hinterherkommen.
So nutzen Betrüger die Möglichkeiten des Kryptomarktes
Kriminelle geben sich häufig als Mitarbeitende vermeintlich seriöser Kryptoplattformen aus und bauen über Anrufe, Chats sowie gefakte Webseiten Vertrauen auf und zeigen den Opfern angeblich rasant wachsende Kontostände, um immer höhere Einzahlungen zu erzwingen. Sie lassen sich gern auch Fernzugriff auf die Computer ihrer Opfer geben, in deren Namen sie Konten bei Kryptobörsen eröffnen, um die Gelder dann über zahlreiche Wallets weiter zu schleusen, sodass die Spur des Geldes nach außen wie ein dichtes, verschachteltes Netzwerk wirkt.
Rolle der Kryptobörsen
Große Kryptobörsen dienen häufig als Knotenpunkte, über die illegale Gelder eingezahlt, zwischen Coins hin- und her getauscht („Layering“) und schließlich in Fiat-Geld, also regulärer Währung, ausgezahlt werden. Dies macht die kriminell motivierte Überführung in den Finanzmarkt erst möglich. Und obwohl Kryptobörsen gesetzlich zu Überwachung und Meldung verdächtiger Transaktionen verpflichtet sind, werden auffällige Konten nach wie vor zu oft zu spät entdeckt und gesperrt.
Gründe für Ermittlungsprobleme im Kryptomarkt
Die Zahl der Verdachtsmeldungen zu Kryptobetrugsfällen nimmt stetig zu, allerdings werden die Ermittlungen nach wie vor häufig erschwert aufgrund personeller Überlastung, mangelnder Koordination der verschiedenen Behörden und/oder zu wenig Spezialwissen. Das alles hat zur Folge, dass viele Verfahren eingestellt und die Chancen auf Sicherstellungen verpasst werden; oft stoßen die ermittelnden Behörden schon an Grenzen, bevor sie die Geldflüsse vollständig nachverfolgen können. Kriminelle machen sich diese Umstände zunutze, indem sie beispielsweise auf anonyme Wallet-Adressen, komplexe Transaktionsketten und internationale Netzwerke setzen, um es den Behörden zu erschweren, die Hintermänner zu identifizieren.
Umfang des Schadens durch Betrug mit Bezug zum Kryptomarkt
Recherchen von SZ, NDR, WDR und anderen zeigen, dass in nur zwei Jahren mindestens 28 Milliarden Dollar an illegalen Geldern über Kryptobörsen geflossen sind, ein erheblicher Teil davon aus Betrug mit angeblichen Krypto-Investments.
Spezialisierte Ermittlungsbehörden wie die Zentralstelle zur Bekämpfung der Internetkriminalität (ZIT) oder die Zentralstelle Cybercrime Bayern konnten zwar hunderte Millionen Euro in Krypto-Verfahren sichern, doch in den meisten Fällen sehen die Betrogenen ihr Geld nie wieder.
Chinesische Krypto-Queen aufgrund illegal erworbenen Bitcoin-Vermögens über 5 Milliarden Pfund inhaftiert
Die 47-jährige Chinesin Qian Zhimin wurde in London zu 11 Jahren und 8 Monaten Haft wegen Geldwäsche verurteilt. Sie gilt als Hauptfigur eines gigantischen Anlagebetrugs in China, bei dem ihre Firma Lantian Gerui („Bluesky Greet“) über 100.000 meist ältere Anlegerinnen und Anleger um mehr als 40 Milliarden Yuan (rund 5,6 Milliarden US-Dollar) gebracht hat. Die Firma hatte mit patriotischer Rhetorik, prominenter Unterstützung und emotionaler Ansprache Vertrauen gewonnen.
Ihr Unternehmen versprach hohe Renditen mit Investitionen in Gesundheitsprodukte und Bitcoin-Mining, zahlte die „Gewinne“ jedoch mit neuem Anlegergeld – ein klassisches Schneeballsystem. Qian floh 2017 nach Großbritannien, wo sie in Luxus lebte und große Mengen Bitcoin in Bargeld und Immobilien umwandelte. Bei einer Razzia stellte die Polizei Zehntausende Bitcoins sicher – wohl die größte Kryptobeschlagnahme in der britischen Geschichte.
Das Bittere an diesem Fall: Viele der Opfer verloren ihre gesamten Ersparnisse; einige verschuldeten sich schwer oder konnten sich medizinische Behandlungen nicht mehr leisten.
Qian selbst hielt sich meist im Hintergrund, nannte sich „Huahua“ und kommunizierte in poetischem Stil. Laut ihrem Tagebuch plante sie, mit dem Geld ein internationales Bankimperium und sogar ein Schloss in Schweden zu erwerben sowie „Königin“ des international nicht anerkannten Mikrostaats Liberland zu werden. Eine Entschädigung der Opfer wollte sie nur in Erwägung ziehen, wenn Bitcoin stark im Wert stiege.
Mittlerweile sind die beschlagnahmten Bitcoins zwanzigmal mehr wert als bei ihrer Sicherstellung. In einem noch bevorstehenden Verfahren nach dem „Proceeds of Crime Act“ wird nun ein Gericht zu entscheiden haben, wie mit den Vermögenswerten zu verfahren ist. Die Opfer wollen zwar ihre Ansprüche geltend machen, rechtliche Hürden und ungeklärte Besitzverhältnisse erschweren dies jedoch und es ist zu erwarten, dass das Geld an den britischen Staat fallen wird.
OneCoin, oder wie eine weitere „Krypto-Queen“ Anlegerinnen und Anleger um rund 4 Milliarden Dollar betrogen hat
Das Programm des US-Außenministeriums zur Bekämpfung der grenzüberschreitenden organisierten Kriminalität (Transnational Organized Crime Rewards Program) schreibt eine Belohnung von bis zu 5 Millionen US-Dollar für Hinweise aus, die zur Festnahme und/oder Verurteilung von Ruja Ignatova führen.
Die ebenfalls als „Krypto-Queen“ bekannte Frau gehört damit zu den zehn vom FBI am Meisten gesuchten Personen: Seit etwa 2014 sollen Ignatova und ihre Unterstützer und Unterstützerinnen Investoren aus aller Welt um Milliardenbeträge betrogen haben. Sie war Gründerin von OneCoin Ltd., einem in Bulgarien ansässigen Unternehmen, das eine angebliche Kryptowährung vermarktete, die es jedoch nie gab. Um den Betrug durchzuführen, soll Ignatova mit falschen Angaben und Darstellungen für Investitionen in OneCoin geworben haben. Ihre Opfer soll sie sehr erfolgreich angewiesen haben, Investitionsgelder auf OneCoin-Konten zu überweisen, um OneCoin-Pakete zu kaufen. Im Rahmen dieses Betrugs soll sie die Opfer mit ihrem Unternehmen um mehr als 4 Milliarden Dollar gebracht haben. Verschiedene Quellen gehen davon aus, dass sie sich derzeit in Dubai aufhält. Eine Auslieferung von dort an die Ermittlungsbehörden ist aktuell sehr unwahrscheinlich.
Hierzu empfehlen wir eine ARD-Dokumentation zur bulgarisch-deutschen Krypto-Queen Ruja Ignatova.
In Case You Missed It: Geldwäschenachrichten im Überblick
Operation Chargeback
Anfang November 2025 wurde in nahezu allen Medien über die „Operation Chargeback“ berichtet:
Am 4. November 2025 kam es in neun Staaten zu koordinierten Razzien mit mehr als 60 Durchsuchungen und 18 vollstreckten Haftbefehlen. Allein in Deutschland wurden 29 Wohnobjekte durchsucht. Dabei wurden Vermögenswerte von über 35 Millionen Euro gesichert, das Verfahren richtet sich gegen 44 Beschuldigte aus mehreren Ländern, darunter Mitglieder von drei Geldwäsche-Netzwerken, Verantwortliche von Zahlungsdienstleistern, Vermittler, „Crime-as-a-Service“-Anbieter sowie ein externer Risk Manager.
Die Ermittlerinnen und Ermittler haben mit der „Operation Chargeback“ weltweit agierende Betrugs- und Geldwäschenetzwerke zerschlagen, die mit gestohlenen Kreditkartendaten rund 4,3 Millionen Karteninhaber aus 193 Ländern mittels fingierter Online-Abos geschädigt haben. Zwischen 2016 und 2021 hat dieses Netzwerk mehr als 19 Millionen Schein-Abos erzeugt und damit einen Schaden von über 300 Millionen Euro verursacht.
Die Tätergruppe nutzte dafür professionell aufgebaute Fake-Webseiten (vor allem Streaming, Dating, Unterhaltung), um viele kleine, schwer erkennbare Abbuchungen mit unklaren Verwendungszwecken von den Kreditkarten vorzunehmen. Zur Einschleusung der Zahlungen wurden vier große deutsche Zahlungsdienstleister kompromittiert, bei einem davon eine spezielle Geldwäsche-Software installiert. Die Gelder wurden anschließend über zahlreiche Konten weitergeleitet, mit über 100.000 einzelnen Geldwäschetaten.
Ausgangspunkt waren Analysen der FIU, die aus vielen Verdachtsmeldungen ein auffälliges Muster erkannte und an Strafverfolgung und BaFin weitergab, die daraufhin einschneidende Aufsichtsmaßnahmen wie Geschäfts¬beschränkungen und -verbote durchsetzte. Vertreter und Vertreterinnen von Staatsanwaltschaft, BKA, FIU und BaFin heben den Fall als Beispiel für die großen Schäden digitaler Vermögensdelikte, die zunehmende Komplexität grenzüberschreitender Wirtschaftskriminalität und die Wirksamkeit enger Zusammenarbeit nach dem Prinzip „Follow the Money“ hervor.
Über die Operation Chargeback berichteten beispielsweise Europol, das BKA sowie die Tagesschau.
Geldwäschesystem chinesischer Untergrund-Banker aufgedeckt
US-Ermittler und -Ermittlerinnen haben ein weitverzweigtes Geldwäschesystem aufgedeckt, bei dem chinesische Untergrund-Banker über Jahre schmutziges Bargeld (vor allem aus mexikanischen Drogenkartellen) an wohlhabende chinesische Highroller in Las-Vegas-Casinos wie Wynn Las Vegas weitergaben. Die Spielerinnen und Spieler umgingen chinesische Devisenbeschränkungen, tauschten das Bargeld im Casino in Chips und machten so aus Kartellgeldern scheinbar legales Glücksspielgeld. Netzwerke um Lei Zhang und drei weitere chinesische Vermittler wurden per Observation und Undercover-Einsätzen überführt und lediglich zu vergleichsweise milden Strafen wegen „Unlicensed Money Transmitting“ verurteilt. Experten gehen von Hunderten Millionen Dollar gewaschenem Geldes pro Jahr aus und vermuten, dass chinesische Geldwäschesysteme eine zentrale Rolle für Kartelle und andere organisierte Kriminalität spielen.
Weitere Informationen zu den „Chinesischen Untergrund-Bankern“ sind bei CNN nachzulesen.
Leseempfehlungen
Regulierung des Kryptomarktes: Die MiCA-Verordnung
Die europäische MiCA-Verordnung (“Markets in Crypto-Assets”), schafft in der EU einen Regulierungsrahmen für den Bereich der Kryptowerte mit dem Ziel, den Schutz der Anlegerinnen und Anleger zu erhöhen und die Funktionsfähigkeit der Märkte zu gewährleisten. Wir empfehlen den WebID Glossarbeitrag, in dem Wissenswertes rund um die MiCA-Verordnung nachzulesen ist.
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